Datenbestand vom 10. Dezember 2024
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aktualisiert am 10. Dezember 2024
978-3-8439-0690-6, Reihe Kunstgeschichte
Roland Weiß Ta Eschata Die Letzten Dinge in Byzanz: Schrift- und Bildzeugnisse byzantinischer Eschatologie
336 Seiten, Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität München (2012), Hardcover, B5
Byzanz bildet die Schnittstelle von Orient und Okzident sowie von Antike, Mittelalter und Neuzeit. Die Untersuchung belegt durch die Analyse zahlreicher Schrift- und Bildquellen (116 Farbtafeln im Anhang) die Existenz einer eigenständigen byzantinischen Sicht auf die Letzten Dinge Sterben/Tod/Gericht/Himmel/Hölle (interpretatio Byzantina), deren Entwicklung durch die exponierte Stellung des byzantinischen Reichs begünstigt wurde.
Eine spezifische byzantinische Eschatologie wurde bislang höchstens als Randphänomen wahrgenommen. Der Nachweis der interpretatio Byzantina wird von der Basis einer Begriffsbestimmung der einschlägigen Termini aus vorgenommen. In der anschließenden Hinführung wird gegenwärtigen eschatologischen Positionen das mittelalterliche Todesverständnis in Stichpunkten gegenübergestellt.
Eine erste Profilschärfung der byzantinischen Eschatologie ergibt der Blick auf ihre Kulturgeschichte (ideelle und soziologische Prämissen, gesellschaftliche Relevanz, ›politische‹ Abgrenzung). Die Unterschiede zwischen der östlichen und westlichen Meinung kulminieren in den Debatten über das Fegefeuer. Dass die Byzantiner ihre Eschatologie in der Spätzeit auf ein ideell gefestigtes Fundament stützen konnten, zeigen die eigentlichen Hauptkapitel zu den Schrift- und Bildquellen. Die Kirchenväter erörtern früh die entscheidenden letzten Fragen. Den praktischen Aspekten der Trauer- und Bestattungstraditionen sind die Ausführungen zur byzantinischen Sepulkralkultur gewidmet. Die praktizierten Totenriten sind ihrerseits eingebettet in das prinzipielle eschatologische Feld von Liturgie und Eucharistie, dessen Vorstellung die Studie zu den Schriftquellen abschließt.
Im Zwischenbereich von Applikation und Mystik sind auch die religiösen Bildwerke der Ostkirche anzusiedeln. Die Bilder implizieren die Fixpunkte der interpretatio Byzantina: Memoria und Vergegenwärtigung. Bildwerke sind somit nach den Sakramenten der wichtigste Bedeutungsträger, der die eschatologische Gemeinschaft der gesamten Kirche, die Lebende und Verstorbene gleichermaßen umfasst, versinnbildlicht. Urbyzantinische Motive, wie etwa die Apostelkommunion oder die Himmlische Liturgie, offenbaren den selbstbewussten Anspruch einer autonomen interpretatio Byzantina. Gerade weil die byzantinische Eschatologie auf einem beweglichen geistigen Fundament fußt, überdauerte sie das politische Byzanz und ist bis heute in der orthodoxen Praxis lebendig.