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aktualisiert am 12. November 2024
978-3-8439-1318-8, Reihe Philosophie
Sabine Thürmel Die partizipative Wende: Ein multidimensionales, graduelles Konzept der Handlungsfähigkeit menschlicher und nichtmenschlicher Akteure
253 Seiten, Dissertation Technische Universität München (2013), Softcover, B5
Neuartige Interaktions- und Kooperationsmöglichkeiten entstehen derzeit zwischen Menschen, Robotern und Softwareagenten. Ihr Facettenreichtum belegt, wie vielseitig bereits heute die menschlichen Fähigkeiten erweitert werden und wie weit die Abgabe von Handlungsoptionen an technische Agenten fortgeschritten ist. Dies wird an der Themenabfolge „Cyborgs, Serviceroboter, Cyberagenten, Cyberphysikalische Systeme“ exemplifiziert. Sie spannt den Bogen von der Internalisierung weniger Komponenten zur Externalisierung menschlicher Leistung und schließlich zu verteilten, heterogenen (semi-)autonomen Systemen mit je eigenen Partizipationsmustern. Eine besondere Priorität haben in dieser Arbeit Multiagentensysteme, da durch sie verteilte Problemlösungsstrategien auf Basis kollaborativer und adaptiver Systeme zum Einsatz kommen können.
Der Computer zeigt sich als einzigartige Medienmaschine mit ihrer ganz eigenen Virtualität. Die Wirkmächtigkeit des Begriffs „virtuell“ verdankt sich seinen vortechnischen Begriffswurzeln, die sich bis zu Aristoteles zurückverfolgen lassen. Die eigenständige Virtualität komputationeller Artefakte wird als Ergebnis eines technischen Herstellungsprozesses begriffen: Im Designprozess entsteht die Potentialität in der Form eines Computerprogrammsystems. Zur Ausführungszeit wird sie sinnlich erfahrbar. Dasselbe Anwendungsprogramm kann in Experimentalumgebungen und im Echtzeiteinsatz zum Einsatz kommen.
Die Perspektive mehrdimensionaler gradueller Handlungsfähigkeit ermöglicht es, Handlungsträgerschaft (Potentialität) und Handlungsvollzug (Aktualität) in soziotechnischen Systemen in den Blick zu nehmen. Es wird ein eigenständiger begrifflich-systematischer Ansatz vorgestellt, der den Phänomenen komplexer Verhaltensregulation und Ausführungskontrolle in computervermittelten Umgebungen gerecht wird. Unter Bezugnahme auf Arbeiten der evolutionären Anthropologie wird ein Vorschlag entwickelt, wie die Lücke zwischen dem kooperativen Verhalten heutiger technischer Agenten und dem Handeln in sozialen, menschlichen Gemeinschaften geschlossen werden könnte. Die Analyse von Szenarien, in denen menschliche und nichtmenschliche Agenten interagieren, ist auf dieser Basis möglich. Differenzierte Aussagen zu Urheberschaft und der Delegation von Aufgaben in Szenarien kollektiven und verteilten Handelns können erfolgen. Verteilte Handlungsvollzüge in der materiellen Realität der Lebenswelt können mit Laborsimulationen verglichen werden.